S&P 500
DAX
Nikkei 225
Hang Seng
EUR/USD
[gtranslate]

«Spass ist der stärkste Treiber von Leistung» – Benjamin Bremmer über Karriere, Motivation und persönliche Entwicklung

Start

Du hast damals auch an der HSG studiert: Welche Erfahrungen aus deiner Zeit an der Universität St. Gallen prägen dich bis heute?

Für mich war wichtig, dass die Menschen um einen herum sehr motiviert sind. Das war einer der Hauptgründe, weshalb St. Gallen für mich eine der 3 bis 4 Unis in der engeren Auswahl war. Und das hat sich absolut bewahrheitet. Dieses Umfeld, in dem viele ehrgeizig sind und etwas erreichen wollen, prägt einen bis heute.

Was ich auch geschätzt habe, war die Vielfalt. Das Angebot ging weit über die klassischen Kernfächer wie Recht oder Finanzen hinaus. Man konnte Psychologie belegen, Sprachen, Module mit ganz praktischen Einblicken. Wir waren einmal bei einem Investmentfonds in Zürich, dann auf einem Bauernhof in Bern, später bei der SBB. Das war eine gute Mischung aus Theorie und Praxis und genau das hat die Erfahrung für mich stark gemacht.

Bist du heute noch mit vielen Leuten aus deiner Studienzeit im Kontakt?

Ja, definitiv. Das Netzwerk ist einer der grössten Werte dieser Zeit. Aber nicht, weil einige Alumni beeindruckende Karrieren hingelegt haben, sondern weil jeder einen eigenen Weg gegangen ist. Viele sind heute in unterschiedlichen Branchen aktiv und gerade das macht die Gespräche miteinander wertvoll. Wenn man sich austauscht, bekommt man neue Perspektiven und neue Ideen.

Du warst CFO bei Everphone, einem schnell wachsenden Startup. Was hat dich anschliessend an der CFO-Rolle bei einem digitalen Marktführer wie CHECK24 gereizt?

Unser Leben wird immer digitaler und ich fand es eine grossartige Gelegenheit, in einem Unternehmen zu arbeiten, das über zwei Jahrzehnte hinweg digitale Produkte entwickelt hat und darin wirklich exzellent ist. Bei Everphone war ich stärker auf mich selbst gestellt. Wir mussten viel allein entwickeln und ausprobieren. Das ist spannend, aber man lernt natürlich mehr von etablierten digitalen Champions.

CHECK24 ist in Deutschland eines der Unternehmen, die früh verstanden haben, wie digitale Plattformen funktionieren und wie man sie skaliert. Zu sehen, welche Produkte dort entstanden sind, wie sie über 20 Jahre erfolgreich weiterentwickelt wurden und wie sie ganze Märkte geprägt haben, fand ich sehr interessant. Es war für mich die Chance, von Menschen zu lernen, die digitale Exzellenz wirklich verinnerlicht haben.

Und ich würde das nicht nur mit Everphone verbinden, sondern auch mit meiner Zeit bei den Unternehmen davor, wo digitale Kompetenz längst nicht so ausgeprägt ist. Ich wollte unbedingt in ein Umfeld, das moderner ist. CHECK24 ist eine der wenigen deutschen Firmen, die im Digitalbereich wirklich in der Spitzenklasse ist.

CHECK24 beschreibt sich selbst als agil und jung, obwohl das Unternehmen inzwischen über 1’000 Mitarbeitende hat. Wie schafft ihr es, die ursprüngliche Kultur lebendig zu halten?

Das Wichtigste für uns ist, dass wir unsere Teams klein halten. Wenn man ein bisschen in die Geschichte schaut, sieht man, dass Menschen früher meistens in kleinen Gemeinschaften gelebt haben, weil diese agiler und persönlicher waren. Deshalb organisieren wir unsere Produktbereiche bewusst genauso.

Wir nennen das „Speedboat“-Mentalität. Kleine, schnelle, wendige Teams, die selbst Verantwortung übernehmen und unabhängig agieren können. In einem wettbewerbsintensiven Online-Markt muss man sehr schnell reagieren können und dafür braucht man diese Struktur.

Der zweite Punkt ist, dass wir unsere Produkte selbst nutzen. Unsere Geschäftsführer testen die Produkte regelmässig selbst, mit der gleichen Erfahrung und den gleichen Frustrationen wie unsere Kunden. Das ist einer der wichtigsten Bestandteile unserer Produktkultur.

Du hast viele Jahre im Private-Equity- und Venture-Umfeld gearbeitet. Wie prägt dich diese Erfahrung heute in deiner Rolle als CFO?

Was viele Investmentfirmen auszeichnet, sind Zahlenorientierung, unabhängiges Research und eigenständiges Denken. Das war eine exzellente Schule. Man sieht dort unzählige Male die drei Financial Statements und versteht sie dadurch intuitiv. Man hört verschiedene Perspektiven, sucht, kondensiert und analysiert Information und muss sich daraus eine eigene Meinung bilden. Diese Fähigkeit, faktenorientiert zu arbeiten und sich schnell durch Zahlen zu bewegen und Muster und Trends zu erkennen, ist für die CFO-Rolle essenziell. Diese analytische Grundlage bleibt einem dann ein Leben lang erhalten.

CHECK24 hat 2016 eine eigene Venture-Capital-Gesellschaft gegründet. Welche Rolle spielt das Venture-Portfolio heute noch und wie relevant sind schnell wachsende Trends wie KI für dich und CHECK24?

Wir haben das Team für neue Investments vor einigen Jahren reduziert. Der ursprüngliche Gedanke war, von anderen Unternehmen lernen zu können und Trends früh zu verstehen. Das war sinnvoll, aber wir haben gemerkt, dass wir unsere Ressourcen auf unsere eigenen Produkte konzentrieren müssen.

Das Portfolio betreuen wir weiterhin, aber wir tätigen kaum neue Investments.

Schnell wachsende Trends wie KI spielen für uns natürlich weiterhin eine grosse Rolle!

Viel relevanter als eigene Investments in dem Bereich ist für uns allerdings der Wettbewerb mit Startups, die KI nutzen, um Vergleichsprozesse neu zu denken, Reisen besser zu planen oder Tarife automatisiert zu erklären. Davon können wir lernen, um unsere eigenen Produkte noch weiter zu verbessern.

Hilft euch die Speedboat-Kultur dabei, auf solche Wettbewerber schneller zu reagieren?

Unbedingt. Startups sind gefährlich, weil sie klein sind und tendenziell einfacher ausprobieren können. Aber grosse Tech-Unternehmen haben auch ihre Speedboats. Booking, Google und viele andere experimentieren auch ständig. Der Wettbewerb im Reisebereich ist global enorm intensiv. Für uns ist deshalb klar: Die Fähigkeit zur schnellen Iteration ist entscheidend.

2020 wurde auch die C24 Bank gegründet, mittlerweile ist sie ein ehemaliges Tochterunternehmen. Welche Rolle spielt sie für die Gruppe und den deutschen Markt?

Die Bank wurde mit dem „Open Banking“-Ansatz gegründet: Kunden können damit u.a. anhand ihrer tatsächlichen Ausgaben deutlich präzisere Vergleiche erhalten.

Nach nur fünf Jahren bietet die C24 Bank mittlerweile eines der besten Girokonten und Gemeinschaftskonten im deutschen Markt und erweitert ständig ihr Produktangebot.

Was werden die wichtigsten Wachstumstreiber für CHECK24 zwischen 2025 und 2030 sein?

Wie in den letzten Jahrzehnten wird maximale Kundenorientierung entscheidend sein. Wir müssen weiterhin der Ort sein, an dem Kunden ihre Probleme schneller und besser lösen können als anderswo.

KI wird dabei absolut zentral sein, um die Kundenerfahrung zu verbessern. Wenn ein Kunde eine Frage stellt, muss die Antwort exakt auf ihn zugeschnitten sein. Wenn wir das nicht schaffen, macht es ein Wettbewerber.

In einer Studie der CREF Group geben 80 Prozent der Deutschen an, Sorgen um ihre finanzielle Zukunft zu haben. Spürt ihr bei CHECK24 Veränderungen im Kundenverhalten?

Vergleichsportale erfüllen wichtige Funktionen: Sie zeigen Sparpotenziale auf (Geld) und machen diese Sparpotenziale einfach zugänglich (Zeit). Das ist in Phasen hoher Unsicherheit besonders relevant, egal ob es um Strom, Reisen, Versicherungen oder Kredite geht.

Welche Faktoren haben CHECK24 langfristig geholfen, sich gegen den starken Wettbewerb durchzusetzen?

Ich würde es auf ein paar Kernpunkte reduzieren. Bedingungslose Kundenorientierung. Offenheit für Innovation (d.h. aktuell z. B. Integration von KI in alle Prozesse). Immer einen Schritt schneller sein als der Wettbewerb. Und echte Neugier für das, was Kunden brauchen und was Wettbewerber ausprobieren. Wenn man diese Werte verinnerlicht, dann kann man als Team sehr erfolgreich sein.

Welche Mechanismen habt ihr intern, um Marktveränderungen und Trends früh zu erkennen?

Im Kern beobachten wir vor allem unsere Kunden. Die wichtigste Frage lautet bei uns immer: Wie schaffen wir echten Mehrwert für den Kunden?

Wettbewerbsbeobachtung ist natürlich auch wichtig, aber sollte nicht zur Hauptbeschäftigung werden. Wichtiger ist, dass jeder im Produktmanagement und in der Geschäftsführung die Bedürfnisse der Kunden versteht und dass alle bereit sind zu iterieren. Wenn etwas nicht funktioniert, ändern wir es.

Wir arbeiten z. B. viel mit Data Science, um Vergleichsergebnisse optimal für jeden individuell zu erstellen, damit Kunden möglichst für sie persönlich relevante Ergebnisse erhalten und nicht nur eine einfache Preissortierung.

Wenn du auf deine bisherige Karriere zurückblickst, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen haben dich am meisten weitergebracht?

Fleiss, Geschwindigkeit, Pragmatismus und Neugier. Fragen stellen, Interesse zeigen, Verantwortung übernehmen, sich in Themen verbeissen und zeigen, dass man sich kümmert. Dieses Wertegerüst trägt einen sehr weit.

Welchen Rat würdest du Studierenden oder Berufseinsteigern heute geben?

Mach das, was dir Spass macht!

Probiere so lange aus, bis du ein Umfeld findest, das dir Energie gibt.

Spass ist der stärkste Treiber von Leistung. Natürlich muss man auch einen Blick für Trends haben, aktuell z. B. insbesondere die Fortschritte in Künstlicher Intelligenz und ein grundsätzliches Verständnis der Funktionsweise von Technologie.

Letzte Frage: Was sollten junge Talente aus deiner Sicht unbedingt mitbringen, wenn sie im digitalen Umfeld erfolgreich sein wollen?

Neugier, Lernbereitschaft, Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen, die Fähigkeit, sich in komplexe Themen einzuarbeiten und Spass an der Sache. Wer diese Eigenschaften pflegt, wird erfolgreich sein.

HSG-Alumnus Benjamin Bremmer ist CFO von Check24, Deutschlands führendem digitalen Vergleichsportal. Vor seinem Einstieg in die digitale Plattformwelt war er in verschiedenen Funktionen im Private-Equity- und Venture-Umfeld tätig, unter anderem bei international renommierten Investmenthäusern wie Triton. Anschliessend übernahm er die Rolle des CFO beim Technologieunternehmen Everphone, bevor er zu Check24 wechselte, wo er heute die Finanzorganisation verantwortet und die Weiterentwicklung des Unternehmens an der Schnittstelle von Technologie, Produkt und Wachstum mitgestaltet. In seiner Freizeit ist er gerne auf dem Wasser unterwegs und nutzt das Segeln als Ausgleich zum beruflichen Alltag.

Latest from Performance

Excelling under pressure

by Dr. Saul Miller Right Focus: It’s been said, “Only with focus can you create world class results no matter how talented you are.” Positive focus is especially important in challenging, changing