Sie haben bereits an vielen Orten auf der Welt gearbeitet. Wo sind entscheidende Unterschiede in der Arbeitskultur und woran könnte man sich in der Schweiz ein Beispiel nehmen?
Kulturen sind weltweit selbstverständlich je nach Erdteil recht verschieden. Die Schweiz aber hat eine sehr inklusive Kultur – sowohl in der Arbeitswelt wie auch in der Gesellschaft allgemein. Das ist eine große Stärke und wird immer wichtiger. Gleichzeitig ist Vielfalt wichtig – auch Diversität von Meinungen, wenn diese konstruktiv und respektvoll vorgetragen werden. Das stärkt Innovation. Wir müssen konstruktives und ehrliches Feedback stärken ohne Angst zu haben, dass es unhöflich wäre. Das ist auch in Videokonferenzen möglich, aber es ist schwieriger. Unser Ziel ist es eine Kultur zu pflegen, die eine Feedback fördert und Fehler in gewissem Umfang erlaubt um Innovation und Lernkurve zu stärken.
Welchen Mehrwert ziehen Sie als Führungsperson aus der aktuellen Entwicklung der Arbeitsgestaltung? Welche Maßnahmen haben sie diesbezüglich ergriffen?
People first! Das ist der primäre Fokus. Wir sollten sicherstellen, dass wir die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen als oberste Priorität ansehen und schätzen. In der aktuellen Krise haben wir den persönlichen Austausch mit unseren Mitarbeitenden, wie auch deren Unterstützung massiv ausgebaut. Dafür haben wir deutlich mehr Zeit und Ressourcen aufgewendet. Dabei ist es wichtig sehr viel zuzuhören – auch individuell.
Was ist Ihrer Meinung nach essenziell für eine einladende, fördernde Arbeitsumgebung? Was für Maßnahmen ergreift Google, um eine solche Umgebung zu schaffen?
Google ist ein Unternehmen, dessen Arbeitskultur und Zielsetzungen innerhalb der Teams wie auch bei den einzelnen Mitarbeitenden sehr stark von der Relevanz der Arbeit (“Purpose”), wie auch die Eigenverantwortung jedes Teams und jedes individuellen Mitarbeitenden geprägt ist. (“Responsibility Company”). Und hierbei spielt die Vielfalt der Belegschaft, wie auch die Inklusion der Mitarbeitenden für die Arbeitskultur und Motivation eine gewichtige, aber ebenso für den Innovationsprozess und Kreativität. Denn nur durch unterschiedliche Sichtweisen auf Dinge, wie auch die stete Lernbereitschaft und Offenheit für Neues kann Innovation gelingen. Neues Wagen und “Out of the box Thinking” ist bei Google ausdrücklich erlaubt, da nur so der Status Quo gechallenged und Neues entstehen kann. Auf individueller Mitarbeitenden-Ebene wird dies durch einen persönlichen Development Plan (PDP) gezielt gefördert, ebenso kann sich jede/r einzelne ein Fünftel ihrer/seiner Arbeitszeit einem neuen Projekt widmen, welches nicht zur Kernaufgabe gehört, dies im sogenannten “20% -Programm”, woraus ebenfalls Bottom-up Innovationen entstehen. Und auf Seiten Management hat Google im Rahmen einer Studie names „Project Oxygen“ für sich selber definiert, was für (acht) Führungsmerkmale bei Google zentral sind und dahereine/n Führungsstil ausmachen – viele der Punkte erscheinen eigentlich offensichtlich – sie wurden aber auch empirisch belegt. Demnach hat eine gute Führungskraft folgende Eigenschaften:
- Sie ist ein guter Coach.
- Sie fördert das eigene Team und setzt nicht auf Mikromanagement – ist also kein Control-Freak.
- Sie ist an den eigenen Team-Mitgliedern und ihrem Erfolg ebenso interessiert wie daran, dass es ihnen gut geht.
- Sie ist produktiv und ergebnisorientiert.
- Sie kommuniziert gut und offen, teilt Informationen mit anderen.
- Sie hilft anderen bei der Entwicklung der Karriere.
- Sie hat eine klare Vision und Strategie für das Team.
- Sie besitzt wichtige technische Fertigkeiten, die ihr helfen, das Team zu beraten.
Mithilfe all dieser erwähnten Ansätzen schafft Google sowohl auf Team-, wie auch Mitarbeitenden-Ebene ein Unternehmensklima, welches inspirierend und motivierend ist, und jede/r einzelne/r einen individuellen Teil zu neuen Innovationen beitragen kann.
Besteht durch die fortschreitende Digitalisierung, Automatisierung und damit verbundene Vermessung eines jeden Aspektes des Lebens die Gefahr, dass uns die Kreativität abhandenkommt? Mussten wir uns als Menschen nicht wieder mehr auf das konzentrieren, was der Computer nicht kann?
Ja. Unbedingt. Automatisierung hilft bei Routinearbeiten und ermöglicht mehr Zeit für persönliche Gespräche und Kreativität. In gewissen Bereichen, z.B. Werbung, können moderne Software-Werkzeuge die Kreativität jedoch auch massiv unterstützen.
Immer mehr Menschen hegen Bedenken bezüglich der Digitalisierung und insbesondere der künstlichen Intelligenz. Wie begegnet Google (Schweiz) diesen Sorgen?
Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug mit vielen Chancen und mit Risiken. Wir investieren viel Zeit in Dialog mit Politik, Akademia, NGOs, Wirtschaft und Gesellschaft. Und Google Schweiz ist in der weltweiten Expertengruppe vertreten, die globale AI Prinzipien definiert und weiterentwickelt. Gemeinsam im Unternehmen und extern mit Partnern, Politik und Gesellschaft werden wir Governance von AI ständig weiterentwickelt. Bereits heute ist von uns öffentlich klar definiert für welche Themen wir unsere Künstliche Intelligenz nicht einsetzen werden.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit setzen Sie sich vermehrt für den Fortschritt der Digitalisierung in der Schweiz ein. Besonderen Fokus legen Sie dabei auf die Technologie-Bildung von Schweizer Kindern und Jugendlichen. Welche Maßnahmen oder Handlungsschritte fordert Ihr Aufruf dabei genau?
Wir arbeiten als Google mit vielen Partnern und Organisationen wie Pro Juventute, ICT-Scouts, digitalswitzerland und vielen anderen zusammen – und zwar an drei Säulen: der Förderung von Medienkompetenz, Stärkung des MINT-Nachwuchs und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet. Dabei gibt es zahlreiche Projekte, die wir seit Jahren mit umfangreichen Ressourcen unterstützen. Wir haben aber auch direkt bei Google Schweiz viel verändert und z.B. die ICT-Berufslehre und den Zukunftstag mit Zielgruppe Junge Frauen eingeführt.
Wie können wir mehr Frauen motivieren, sich in MINT-Fächern ausbilden zu lassen und wie versucht Google dies zu fördern?
Auch wenn dies eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft, nicht nur für einzelne Unternehmen ist, so Müssen wir alle jungen Frauen und Mädchen die Möglichkeit geben müssen sich ein Bild von MINT-Berufen zu machen. Wir gehen dies bei Google so an, dass wir u.a. Mädchen am Zukunftstag einen Einblick in den Beruf einer Informatikerin bei Google bieten, darüber hinaus gibt es Programme wie das ETH Schnupperstudium, anlässlich dessen vor allem Schülerinnen einen Einblick in die faszinierende Welt der Informatik bei uns im Haus (oder momentan über VC) gewinnen können. In Partnerschaften und Programmen (wie gerade kürzlich im Rahmen des Digitaltags) sprechen wir insbesondere junge Frauen an, um ihnen die spannenden Aspekte und vielfältigen Karrieremöglichkeiten eines MINT-Berufes wie der Informatik näher zu bringen; es ist ein langer Weg, aber wir freuen uns hier unseren Teil beitragen zu können.
Was machen für Sie die Worte „lebenslanges Lernen“ aus? Welche Charaktereigenschaften braucht eine Person, wenn sie das Ziel verfolgt, lebenslang stetig Neues zu lernen?
Für mich ist es “Spaß am Lernen, Offenheit für Lernen und Feedback sowie die Fähigkeit sich im Alltag konsequent Zeit zu nehmen, um sich auf Lernen konzentrieren zu können”. Das Fundament dafür ist die Erkenntnis, warum das Lebenslange Lernen so wichtig für uns alle und für unsere Umgebung, konkret den Standort Schweiz, ist. Es braucht ein Ziel, einen Plan, viel Disziplin und ausreichend Zeit ohne Stress. Und bei diesen Punkten können Unternehmen und Geschäftsleitungen ihren Mitarbeitenden sehr helfen. Persönliche Entwicklungspläne und Zeit zum Lernen sind dabei entscheidend, so dass es nachhaltig zum Erfolg führt.