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«Focus, empower, execute» – Leadership und Transformation im Gespräch mit Dr. Jochen Eickholt

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Herr Dr. Eickholt, zum Einstieg würden wir Sie gerne bitten, für die Leser:innen des St. Gallen Business Reviews auf die wesentlichsten Stationen Ihres Werdegangs, die Sie besonders herausgefordert und nachhaltig bis heute geprägt haben, knapp einzugehen. 

Für mein Studium habe ich zunächst in Aachen Nachrichtentechnik studiert. Erwähnenswert waren während dieser Zeit sicherlich mein Auslandspraktikum in Nordamerika und meine Phase am Imperial College in London. 

Anschliessend promovierte ich am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik. Dort war ich stärker im Bereich Industrieberatung tätig und weniger in der reinen Grundlagenforschung. Danach bin ich in die Automobilzulieferindustrie gewechselt und habe in England als Werkleiter gearbeitet. Das war meine erste grössere Führungserfahrung, die mich bis heute beeinflusst. 

Zurück in Deutschland hatte ich eine Reihe kleinerer weiterer Aufgaben, bevor ich 1999 als Quereinsteiger zur Siemens AG gekommen bin. Dort war ich in verschiedenen Bereichen tätig, unter anderem im Mobilfunkgeschäft (Siemens Mobile). Ich war im Bereich der Gigasets und des Handygeschäftes für Supply-Chain-Aktivitäten und später auch für Vertriebsaktivitäten zuständig. 

Im Zuge damaliger Diskussionen um das Handygeschäft wurde dieses 2005 an die taiwanesische BenQ verkauft, mit dem Geschäft bin auch ich gewechselt. 2006 kam ich zurück zu Siemens, habe zwei Jahre das Gigaset Geschäft geleitet und war im Folgenden dann neun Jahre im Mobilitätsgeschäft aktiv. 

Das Mobilitätsgeschäft der Siemens AG enthält Infrastruktur (Stellwerke und Zugsicherung) und Fahrzeuge, von der Lokomotive über die Strassenbahn bis hin zu Hochgeschwindigkeitszügen. Zu den Zeitpunkten meiner Verantwortungsübernahme waren die Geschäfte jeweils defizitär, was wir dann aber schnell geändert haben. 

Die Mobility-Phase endete mit dem Ende des angestrebten Mergers mit Alstom, in Brüssel wurde diese Transaktion letztlich nicht genehmigt. Im Anschluss erhielt ich die Aufgabe, die Portfolio Companies (POC) der Siemens AG zu leiten, damit auch die Mission, das «Private-Equity-Denken» bei Siemens einzuführen. Die POC waren zwölf Einheiten, «Assets» würde man heute sagen, die ich mit einem Team von etwa 27 Personen verantwortet habe. Dieses war (und ist bis heute) ein vollständig untypisches Setup für Einheiten innerhalb der Siemens AG. 

Im Jahr 2020 wurde das Energiegeschäft von der Siemens AG abgespalten, ich wurde Teil des Gründungsvorstands von Siemens Energy, dort zuständig für zwei der geschäftsführenden Divisionen. Anfang 2022 wechselte ich nach Madrid und war dort CEO von Siemens Gamesa. Ende 2024 bin ich nach rund drei Jahren im Rahmen der vollständigen Integration von Siemens Gamesa in Siemens Energy ausgeschieden. Seitdem arbeite ich als selbstständiger und unabhängiger Berater.  

Sie haben Ihre Karriere im Bereich des Supply-Chain-Managements begonnen. Welche Erfahrung oder welches Projekt empfinden Sie rückblickend als besonders prägend für den weiteren Verlauf Ihrer Karriere? 

Ich glaube, es ist die Summe der Erfahrungen, die den Unterschied macht.  

Für mich war das Thema Produktion (u.a. mit Werkleitung) schon vom Studium her etwas sehr Naheliegendes. Ich halte es für wichtig, dass man einen fachlichen Bereich hat, in dem man sich gut zu Hause fühlt. In meinem Fall war das die Produktion. Das hat mir im Verlauf meiner Karriere geholfen, mit einer deutlich grösseren Glaubwürdigkeit argumentieren zu können. 

Vieles, was heute als künstliche Intelligenz betrachtet wird, wurde damals als Prozesssteuerung oder Computer Integrated Manufacturing verstanden, und hat viel Historie. Die Fähigkeit, so etwas in grösserem Zusammenhang sehen zu können, hilft oft sehr. 

Dazu kommt, dass ich in vielen unterschiedlichen Fachbereichen (Automobil, Telekom, Mobility, Energy) tätig war, sowohl mit Hardware- als auch mit Software-Fokus. Viele Kollegen machen eher Kamin-Karriere, d.h. bleiben in einem Bereich. Bei mir war das anders und ich denke, diese Breite hat mir sehr geholfen, mich im Denken klar auf das Wesentliche zu konzentrieren. 

Inwiefern war die Corona-Pandemie ein Wendepunkt für das Supply-Chain-Management? Man hat das Gefühl vor der Pandemie fand das Thema medial weniger statt. Erst durch Covid-19 und die anschliessend gestiegenen geopolitischen Risiken rückten Lieferketten, Dual Sourcing und die Absicherung durch mehrere Zulieferer stark in den Fokus. Wie empfinden Sie das? 

Ich habe diese Wahrnehmung so nicht. Bereits viel früher, seit den neunziger Jahren, hatten wir immer wieder mit solchen Fragen, etwa Ausfallszenarien bestimmter Werke, zu tun. Aber natürlich hatte Corona einen besonderen Charakter, ohne Zweifel.

Was sich seit den Neunzigern verändert hat, ist, dass die Lieferketten über die Jahre sehr viel globaler und auch komplexer geworden sind. Dadurch können Ereignisse wie Corona eine grössere Wirkung haben. Aber die Problematiken an sich, hinsichtlich einer Second Source und wenn es in einem Ausfall-Szenario beispielsweise zum Brand eines Werks kommt, kennen viele Industrien schon länger. 

Sie haben im Laufe Ihrer Karriere mehrfach die Gesamtverantwortung für Tochtergesellschaften und Geschäftsbereiche des Siemens-Konzerns übernommen, die strukturierte Problemlösungen, eine strategische Neuausrichtung und/oder eine Stabilisierung des Geschäfts benötigten. Inwieweit können Sie denjenigen zustimmen, die Sie als «Sanierungs-Experten» bezeichnen? Welche persönlichen Eigenschaften und Arbeitsweisen haben Sie aus Ihrer Sicht zu jemandem gemacht, der in solchen Turnaround- oder Transformationsphasen wiederholt besonders wirksam agieren kann? 

Ich glaube, komplett falsch ist diese Einschätzung nicht. Ich habe mich sicherlich 25 Jahre in Leitungspositionen mit Geschäften beschäftigen dürfen, die ursprünglich eine eher schwierige Performance und solchen Ausblick hatten. Das haben wir dann geändert, und das würde ich auch durchaus als eine Kompetenz verstehen. 

Für zentral halte ich an dieser Stelle, ein Soll-Bild einer bestehenden Einheit zu entwickeln, also: wie soll diese Einheit in ihrem (Markt-)Umfeld aussehen, um als sehr erfolgreich zu gelten. 

Daraus ergibt sich dann der Blick auf die Deltas, also warum man heute nicht so erfolgreich ist. Hier muss man, denke ich, relativ klar, schonungslos und gegebenenfalls etwas vereinfachend die Probleme adressieren und dann gemeinsam mit einem hoffentlich starken Team versuchen, diese zu lösen.  

Über die Jahre hinweg konnte ich diese Vorgehensweise durch Ansätze, die es im Private-Equity gibt, noch erweitern und präzisieren. Im Kern geht es darum, einen klaren (Mehrjahres-)Plan zu haben und diesen konsequent umzusetzen. 

Ein geeignetes Beispiel wäre hier die Siemens Mobility. Hier haben wir angefangen mit aus meiner Sicht sowohl im Infrastrukturbereich als auch im Zugbereich sehr negativen Zahlen. Mit sehr konsequenter Umsetzung eines solchen Masterplans ist das Mobility Geschäft der Siemens AG heute vielfach Weltmarktführer und auf jeden Fall Profitabilitätsführer.

Wenn Sie Ihre Anfangsphase bei Siemens Gamesa, ihrer letzten Station, im Jahr 2022 betrachten: Können Sie vielleicht kurz beschreiben, welche Hauptprobleme Sie identifizieren konnten und wie Sie deren Lösung priorisiert haben? Welche Massnahmen waren besonders wirksam? Gab es Bemühungen, die weniger erfolgreich waren als geplant?

Als ich kam, hatte die Gesellschaft bereits mehrere Profit Warnings herausgeben müssen.  Profit Warnings sind aber immer nur Indizien für eine insgesamt problematische Situation mit tieferen Ursachen. 

Was ich konkret festgestellt habe, ist, dass an vielen Stellen im Unternehmen nicht so gearbeitet wurde, wie man das hätte vernünftigerweise erwarten dürfen.  

Siemens Gamesa ist ja Anfang 2017 als Joint Venture entstanden, aus der Iberdrola Tochter Gamesa und dem Siemens Windbereich. Wir hatten eine Historie der Firma, bei der eine Integration als solche nicht richtig erfolgte. Alle Bereiche innerhalb von Siemens Gamesa arbeiteten nach unterschiedlichen Standards. Das verkompliziert Abläufe, speziell in technischen Funktionen, oder macht sie komplett unsteuerbar. 

Nach etwa drei Monaten haben wir daher das Programm «Mistral» aufgesetzt, um Strukturen zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, vor allem im technischen Bereich, in der Entwicklung sowie im «Factory Management» und «Supply Chain». Auch gab es Personalabbau. Das Programm war sehr erfolgreich. 

Logischerweise können mit einem solchen Programm aber nur begrenzt Probleme adressiert werden, die bereits ausgelieferte Turbinen betreffen. Zwei Onshore-Turbinengenerationen waren mit Problemen behaftet. Die dafür notwendigen Korrekturen führten zu sehr hohen Kosten, auch wenn der Ursprung dieser Kosten in den Jahren 2019 und 2020 lag. 

Gleichzeitig hatten wir ein starkes Volumens- und Produktions-Ramp-up im Offshore-Bereich. Durch das Wachstum war jeder Standort zu klein, jeder Standort wurde zu einer Grossbaustelle. Das ist durchaus wörtlich zu sehen, denn inzwischen ist zum Beispiel das Blatt einer aktuellen Offshore-Turbine 115 Meter lang. Wenn man überall gleichzeitig wachsen muss, platzmässig und hinsichtlich der Menge, entstehen also operative Herausforderungen und Risiken. 

Wenn in einem Unternehmen tiefgreifende Veränderungen notwendig sind, müssen Mitarbeitende hierüber nicht nur informiert, sondern emotional überzeugt werden. Wie gelingt es Ihnen persönlich, Teams für klare, und manchmal vielleicht auch radikale Veränderungen zu gewinnen und dauerhaft zu motivieren?

Führung bedeutet für mich vor allem beispielhaft Vorleben. Man braucht erstens ein klares Bild davon, was man erreichen möchte: eine Vision. Und zwar im positiven Sinne und nicht, wie der deutsche Kanzler Schmidt gesagt hat, «wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen». Man braucht einen Plan im eben dargestellten Sinne. 

Zweitens bedarf es eines Teams, von dem man glaubt, dass die Umsetzung des Plans gelingen kann. Dabei ist durchaus möglich, dass nicht alle Teammitglieder wirklich passen. In einem solchen Fall ist sicherlich notwendig, ein passendes Team zu finden. Mit gutem Plan und gutem Team besteht sicher eine gute Basis für den Weg nach vorn. 

Weitere Faktoren sind wichtig, so etwa auch der Führungsstil im Management. Der Ansatz, den ich oft wähle, lässt sich gut mit «focus, empower, execute» beschreiben. 

«Focus» heisst, die Arbeit und das Team auf wenige, aber erfolgsversprechende Themen zu konzentrieren.  

«Empower» bedeutet, dass die Teams nicht auf Anweisungen warten, sondern wirklich ermächtigt sind, möglichst selbstständig arbeiten. Es gibt keine «No-Gos». Und das ist durchaus weitreichend zu sehen, bis hin zu zum Beispiel denkbarer Portfolioveränderungen oder dem Einsatz von Beratern oder Ähnlichem. Wenn jemand sagt, ich brauche einen Berater, aus dem und dem Grund, kann das sehr wohl der richtige Ansatz sein. 

Und dann gibt es den für mich ganz wesentlichen Teil der «Execution», der sicherlich bei vielen Projekten 85 % des Aufwands ausmacht. Es gilt, das Geplante umzusetzen. Der Plan selbst ist ja davon unbenommen: der Plan bleibt der Plan, weil man ihn vorher vernünftig erstellt hat.  

In solchem Rahmen sind sehr viele Mitarbeiter sehr motiviert und können sich auch gut einbringen.

Gab es Situationen, in denen Sie Ihr hohes Mass an Empowerment und den Freiheiten, die Sie offensichtlich Ihren Mitarbeiter:innen gegeben haben, bereut haben?

Sehr selten, eigentlich nein. Teil der Management-Kommunikation ist natürlich auch zu wissen, wo Team-Mitglieder hinmöchten, was sie anstreben. Natürlich möchte man dem auch Rechnung tragen. Wenn man Vertrauen gibt, wird es in wirklich aller Regel nicht missbraucht, sondern belohnt mit Gegenvertrauen. 

Es gibt Fälle, in denen Menschen den eingeschlagenen Weg nicht mittragen möchten. Dann muss man sich den konkreten Fall anschauen, bis hin zu den Konsequenzen unterschiedlichster Art. Wenn Kolleg:innen den Kurs nicht unterstützen möchten, ist es aus deren eigenster Perspektive besser, etwas anderes zu machen.

Ein Beispiel wäre meine eigene Kündigungsentscheidung bei BenQ. Ich war Mitglied im Vorstand, und wir machten sehr hohe Verluste. Ich habe nicht erkannt, wie sich das Bild verbessert. Wenn man als Vorstand nicht erkennt, wie sich Problemlagen verbessern sollen, und wenn man selbst keinen Hebel dafür sieht, muss man Konsequenzen ziehen. In dem Fall meine Kündigung. Das ist eine Verantwortung, die man nicht delegieren kann und die ich auch immer empfehle, selbst wahrzunehmen. 

Unternehmen wie Gamesa oder Siemens Alstom hängen nicht nur von interner Führung ab, sondern auch vom politischen Umfeld, von dem ein Unternehmen beeinflusst wird. Inwiefern haben solche externen Faktoren Ihre Arbeit in Ihrer jeweiligen Verantwortung beeinflusst, positiv sowie negativ?

Das hängt stark von der Branche ab. Im Mobilfunk spielte die öffentliche Hand kaum eine Rolle. Im Mobilitäts- und Energiesektor ist sie sehr präsent.

Da ist es wichtig, ein gutes und professionelles Verhältnis zu den jeweiligen politischen Verantwortlichen aufzubauen und die eigenen Wünsche und Anliegen gut darlegen zu können. Das gilt auch international, gerade dort ist es wichtig, dass auch nationale Repräsentanten homogen erscheinen. Unter der Einbeziehung vieler «Stakeholder» hatten wir damals zum Beispiel auch geschafft, unsere Hochgeschwindigkeitszüge in die Türkei, Spanien und auch Russland zu verkaufen und liefern. Andere Projekte betreffen den mittleren Osten oder Südamerika. Sehr ähnliche Verhältnisse gibt es im Energiebereich. 

Wenn Sie mit Ihren Erfahrungen aus der Zeit bei Siemens Gamesa auf die kommenden zehn Jahre der europäischen Windkraftindustrie blicken: Welche Rolle wird Europa spielen können und was muss dafür passieren? 

Das ist ein sehr schwieriges Thema. Auch wenn die Windturbinen ursprünglich aus Europa kommen, der Weltmarkt für Windenergie ist heute zu mehr als zwei Dritteln im chinesischen Mainland. Mit den vorhandenen immensen Kapazitäten versuchen chinesische Hersteller dann zunehmend, ihre Kapazitäten international auszuspielen, auch mit Methoden wie dem «Dumping»: also dem Arbeiten mit nicht kostendeckenden Preisen. 

In Europa fordert man daher ein «Level Playing field» und möchte solche Ansätze nicht sehen. In Nordamerika geht man mit diesem Thema noch gradliniger um, dort sind Importe chinesischer Herkunft für kritische Infrastruktur nicht akzeptiert.

Europa muss sich klar darüber werden, welche Rolle Windenergie haben soll. Bei Photovoltaik haben wir die Industrie weitgehend verloren. Das sollte bei Wind nicht passieren. Energieerzeugung ist Teil kritischer Infrastruktur. Die möchte man oft nicht in der Hand von Nicht-Europäern sehen, sondern die Autonomie hier halten. Man spricht dann von Energie-Unabhängigkeit oder Energie-Souveränität. 

Damit dies funktioniert, muss sichergestellt sein, dass wir in Europa nach «state of the art» arbeiten. Europa braucht entsprechende Kapazitäten und die Kompetenzen für die Technologie-Entwicklung in Forschung und Produktion. Es müssen für unsere Windfarmen wichtige Faktoren wie Umweltfreundlichkeit und auch Cyber-Security sichergestellt werden. Im Bereich des Know-how müssen wir Europäer führend sein und bleiben. 

Zu allen anstehenden Themen gibt es in Europa Förderstrukturen und
-mittel, es gilt, diese dann auch sehr konsequent anzuwenden. 

Wenn Sie heute nochmals Absolvent wären, welche Stationen Ihres Werdegangs würden Sie aus welchem Grund genauso erneut anstreben? Was würden Sie anders machen? 

Ich glaube, man kann vieles planen, aber nicht einen kompletten Lebensweg und eine Karriere. Die Frage ist immer, was man zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheiden kann und was nicht? Und da glaube ich, oftmals eher eine glückliche Hand gehabt zu haben, aber natürlich gibt es immer auch einfache und weniger einfache Phasen. 

Eine schwierige Phase war beispielsweise, als Teil des Managementteams an ein taiwanesisches Unternehmen (BenQ) verkauft zu werden. Man sollte wirklich darauf achten, ein für einen selbst erfolgversprechendes Umfeld zu schaffen. 

Ich habe jeweils versucht, in Abhängigkeit der mir zur Verfügung stehenden Optionen, das Beste auszusuchen, die «Richtung» war oft die Richtige. 

Was wäre heute Ihr erster Schritt nach dem Studium? 

Das Studium ist wichtig, weil man lernt, mit komplexen Themen selbstständig umzugehen. Ich würde empfehlen, sich wirklich an den eigenen Interessen zu orientieren und das Studium zügig und erfolgreich abzuschliessen. Konkrete Wege für den weiteren beruflichen Werdegang werden erst währenddessen und danach sichtbar.

Gemäss dieser Interessen ergeben sich sicherlich auch Schritte nach dem Studium. Aus meiner Sicht darf hierbei schon eine Mittelfristperspektive (persönliche Weiterentwicklung, weitere Trainings, Vorbereitung für Führungsaufgaben) Anwendung finden. Gehaltliche Fragen rutschen vielleicht etwas weiter nach hinten. 

Zum Abschluss: Gibt es eine Botschaft oder Tipps, die Sie jungen Menschen am Anfang Ihres beruflichen Werdegangs gerne mitgeben möchten. Vielleicht etwas, das Sie selbst gerne früher gewusst hätten oder etwas, das Ihnen bis heute sehr wichtig geblieben ist? 

Was aus meiner Sicht nicht passieren sollte, ist das Abgleiten in die Gedanken der «Work-Life-Balance» im Sinne einer Diskussion über 38,5 oder 38,75 Wochenarbeitsstunden. Alle erfolgreichen Menschen, die ich kenne, haben beruflichen Erfolg immer als Teil ihrer Selbstverwirklichung verstanden. Wenn man so arbeitet, wird eine Diskussion zur Work-Life-Balance bedeutungslos.

Ich würde empfehlen, ehrlich zu überlegen, was einem wirklichen Spass macht und wo man erfolgreich sein kann. Dann einfach den sich bietenden Möglichkeiten folgen (auch sehr aktiv), das Potenzial für einen selbst ist nicht begrenzt.

Dr.-Ing. Jochen Eickholt unterstützt als unabhängiger Advisor Unternehmen bei Transformations- und Wachstumsaufgaben, sowohl grosse Firmen wie auch Start-ups. Zuvor war er CEO der Siemens Gamesa Renewable Energy in Spanien, nachdem er Mitglied des Gründungsvorstands der Siemens Energy AG war. Davor war Jochen Eickholt über 20 Jahre für die Siemens AG tätig, zuletzt als Leiter der Portfolio Companies mit der Mission eines ambitionierten Asset Managements im Private Equity Stil. In verschiedenen Funktionen arbeitete er im Mobility Geschäft der Siemens AG, sowohl als Gesamtleiter wie auch als Leiter des Rollenden Materials und der Infrastruktur. Zudem war er Leiter des Gigaset Geschäfts für Cordless Telefone. Über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg war «Transformation» ein zentraler Schwerpunkt seiner Arbeit, meist beginnend mit einem Turnaround Programm und anschliessend mit der Gestaltung mittel- und langfristigen Wachstums. Jochen Eickholt studierte Elektrotechnik an der RWTH Aachen und am Imperial College London und promovierte am Fraunhofer Institut für Produktionstechnologie.

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